Stress beim Autofahren

Heute  möchte ich eine kleine Verhaltensanalyse zum Erleben von Stress während des Autofahrens anbieten: Ich fahre auf einer Umgehungsstraße im Raum Mainz, rechts drängt sich ein Auto in den vollen Verkehr hinein, hinter mir blendet ein Fahrer sein Fernlicht kurz auf, und ich … gerate in Stress. Warum? Wie in meinem letzten Blogbeitrag dargestellt, erleben wir Stress, wenn es zu einer Mischung von mindestens 2 Gefühlen kommt: Angst und Ärger. Angst ist immer im Spiel, auch wenn uns oft der Ärger viel bewusster ist: Wie schnell schimpft der Autofahrer in seinen  „4 Wänden“ los: Dieser Blödmann, du Idiot, warum passt der nicht auf,  Frau am Steuer, Mann mit Hut…   auch wenn er weiß, dass es der andere nicht hören kann, bzw. vielleicht gerade weil er weiß, dass niemand außer vielleicht unserem Beifahrer unsere verbalen Beschimpfungen hören kann. Wut ist immer ein Ventil für erlebten Stress, deshalb schimpfen Menschen, um sich sozusagen emotional zu erleichtern. Was wiederum anderen nicht gerade angenehm ist. So zum Beispiel dem Beifahrer, oder wahrscheinlich häufiger: der Beifahrerin. Diese wiederum versucht zu beschwichtigen, den Fahrer zu beruhigen, aber es nützt oft nichts.  Wer ist also eigentlich der Rücksichtslose? Der, der sich auf die Fahrspur gedrängt hat oder der, der – vermeintlich im Recht – schimpft wie ein Rohrspatz? Ich persönlich schimpfe so gut wie nie beim Autofahren, und das hat wohl mit Temperament und Erziehung, aber in meinem Fall auch mit bestimmten Grundüberzeugungen und einer gewissen Expertise zu tun, die ich mir im Laufe meiner Jahre als Therapeutin angeeignet habe. Hier hat mich insbesondere die  „Gewaltfreie Kommunikation“ inspiriert.  Ich versuche nämlich, wenn auf der Straße eine Stress-Situation entsteht, zu verstehen, was mit mir los ist und was mit dem anderen los sein könnte. Ich suche auf, was mich ärgert (siehe oben). Ich suche auch meine Ängste auf: Ich habe Angst, der andere könnte mich gefährden, z.B. der Raser hinter mir oder der unachtsame Fahrer, der sich einfach so vor mich gedrängelt hat. Menschen haben Ängste! Und das gilt deshalb auch für die anderen Autofahrer.  Autofahrer haben z.B. meistens Ängste, zu spät zu kommen. Und wir Menschen lassen uns oft von unseren Ängsten leiten und nicht von gesetzlichen Regelungen oder Rücksicht auf andere. Habe ich Angst, kann ich nicht sehr rücksichtsvoll zu anderen sein oder Regeln strikt befolgen, da ich ja in diesem Moment mein eigenes Leben in den Vordergrund stelle. Hand aufs Herz: Befolgen Sie immer genau und strikt alle Regeln, im Straßenverkehr oder auch anderswo? ( Wie oft haben Sie ihre Steuererklärung fristgemäß eingereicht??). Spätestens hier setzt die gewaltfreie Kommunikation ein:

Empathie für mich selbst heißt: Was ist jetzt meine Angst und worüber ärgere ich mich?

Empathie für den anderen heißt: In welchen Nöten steckt der andere vielleicht jetzt? Warum hat er sich vor mich gedrängelt? Vielleicht hat er einen wichtigen Termin, zu dem er auf keinen Fall zu spät kommen darf. Vielleicht ist die Frau schwanger und muss in die Klinik.  Vielleicht hat er Rückenschmerzen und will zum Arzt fahren. Vielleicht hat er gerade Beziehungsstress und ist abgelenkt. Vielleicht ist er müde und deshalb nicht so wachsam. Vielleicht tut ihm sein Fahrverhalten selber leid, aber er kann oder will es mir nicht mitteilen, was sowieso schwierig ist von Auto zu Auto.  Vielleicht sollte eine Gebärdensprache für Autofahrer erfunden werden… Ein paar rudimentär Gesten gibt es ja schon, die meistens aber der Beschimpfung dienen…

So, genug geschrieben heute. Falls Sie mögen, schreiben Sie mir einen Kommentar, ich interessiere mich für Ihre Meinung!

?, Ihre Sabine Ott

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben